Die halbe Gartenvilla – Teil 1

Die halbe Gartenvilla – Teil 1Ich wollte nur raus, egal wohin, ich hatte so die Schnauze voll. Der Job kotzte mich an, meine Beziehung hatte sich mal wieder als verlogener Scheißkerl entpuppt. Ich brauchte dringend Tapetenwechsel. Ich bin übrigens Raimund, 50 Jahre alt und schon recht grau. Aber körperlich noch ziemlich fit und sportlich schlank. Also Urlaub eingereicht, Koffer gepackt und ab zum Flughafen. Kroatien, Insel Rab, 2 Wochen ein Bungalow mit Meerblick in einer FKK-Anlage, gay friendly, zwar für 3 Leute aber dennoch irre günstig.

Also zugeschlagen und in 2 Stunden ging der Flug. Prima, so wollte ich das. Ohne große Vorkommnisse verlief der Flug. Am Flughafen fand ich schnell das Schild mit der Aufschrift Paradise Travel. Neben dem Reiseleiter stand nur ein Mann. “Hallo Herr Wigandt, dann sind wir ja schon komplett. Ich bin Mateo und werde sie nun zum Fährhafen Valbiska fahren und von dort aus kommen Sie beide schnellstens auf die schöne Insel Rab. Herzlich Willkommen und einen schönen Urlaub.

Dies ist übrigens Herr Kerstner. Er will auch auf die Insel Rab wie Sie und wie ich sehe, sind sie beide im gleichen Hotel untergebracht. ” – Ich erwiderte: Ich habe aber einen Bungalow gebucht!” – “Ach, sie auch? Ich bin übrigens der Werner. ” – “Angenehm, ich bin der Raimund. ” Wir schüttelten die Hände und folgten Mateo, der auf einen Mercedes Viano zusteuerte. Als wir aus dem Flughafengebäude traten, suchte ich nach meinen Zigaretten.

Werner drehte sich um, wo ich blieb. “Raucher?” – “Erwischt, aber ich finde meine gerade nicht. ” – “Da könnte ich aushelfen. Mateo haben wir noch Zeit für eine schnelle Zigarette?” – “Kein Problem, ich mach schon mal den Wagen klar. Werner hielt mir seine Marlboros hin und gab mir Feuer. “Danke, dass tut gut!” – “Ja, ich wollte uns nicht aufhalten, aber prima wenn Du auch rauchst, ich darf doch Du sagen?” – “Klar, Werner, wir sind doch jetzt im Urlaub!” Ich war angenehm überrascht und Werner bemerkte meinen erleichterten Blick.

“Prima, kein Bus mit zig Touris die in 20 Hotels untergebracht werden. ” Ich nickte ihm zustimmend zu. Werner war mir gleich sympathisch, Er hatte dunkle Haare und einen Vollbart, war ein paar Jährchen jünger als ich und von der Statur her entweder im Fitnessstudio zu Hause oder ein Handwerker. “Macht es Ihnen etwas aus, beide hinten Platz zu nehmen? Ich habe die ganzen Unterlagen hier deponiert, damit ich schneller dran komme. “Kein Problem”, antwortete Werner der bereits die Beifahrertür aufgemacht hatte.

Ich saß bereits im Wagen. “Na dann rück mal ein Stück, Raimund, damit ich auch noch reinpasse. ” Er ließ sich in die Polster fallen und schon ging die Fahrt los. Eine gute halbe Stunde waren wir am Fährhafen und Mateo half uns beim Borden. “Auf Rab holt sie dann mein Kollege ab und fährt sie ins Hotel!” – “Prima, das hat ja gut geklappt, danke Mateo, das hier ist für Sie!” -”Zahvaliti, i lijep boravak!”Wir gingen an Bord und Werner hielt mich am Arm fest.

“Was hat der gesagt?” – “Er hat sich für´s Trinkgeld bedankt und einen schönen Urlaub gewünscht. ” – “Ach Du sprichst Kroatisch?” – Ich klappte meinen Reiseführer auf und zeigte ihm die Seite mit dem Touri-Kroatisch!” – “Das ist schon alles was ich kann!” – “Haha, aber ich sehe, Du bist besser vorbereitet als ich. Ich glaube ich häng mich an Dich dran, ich sprech ja kaum Englisch!” – “No problem, Sir. You´re very welcome to join me!” – “Englisch kann der auch, du bist mein Mann.

Ich bin total unvorbereitet hierhin gekommen. Aber das erzähl ich Dir vielleicht ein anderes Mal. Danke, dass Du das mit dem Trinkgeld gemacht hast. Meinst Du man kann auf dem Schiff was tauschen?” – “Bestimmt, aber sicherlich zu nem schlechten Kurs. Komm ich lad Dich jetzt erst Mal auf ein Weizen ein und dann stoßen wir auf einen hoffentlich schönen Urlaub an, ok?” – “Du wirst mir immer sympathischer. Ich trinke wahnsinnig gerne Weizen, aber hoffentlich bekommen wir hier sowas überhaupt.

” – “Würde mich echt wundern, wenn nicht!”Die 2-stündige Überfahrt wurde recht kurzweilig und es blieb natürlich nicht bei dem einen Weizen. Werner war es peinlich, dass ich alles bezahlte und wollte mir einen Zwanni zustecken. “Jetzt hör aber auf, das macht mir echt nix aus. Ich find dich auch wahnsinnig sympathisch und ich habe das Gefühl, dass wir in diesen Urlaub noch viel Zeit miteinander verbringen werden. Da hast Du sicherlich noch Gelegenheit, mir auch mal einen auszugeben.

” Wir hatten beide keine Ahnung wie sehr sich diese Aussage noch bewahrheiten sollte. – “Das ist ein Wort! Also von mir aus gerne, ich glaube das passt zwischen uns?” er hob seine rechte Hand hoch und forderte mich auf einzuschlagen. Klatsch, traf seine feste Pranke auf meine, im Vergleich dazu, zarte Hand. Ich erwiderte den Druck und er lächelte mich fröhlich an und viele Lachfalten um seine Augen traten zutage. “Du bist echt ein Pfundskerl und so einen wie dich kann ich jetzt gerade echt gut brauchen.

” – “Inwiefern?” – “Ach ich mag nicht wirklich drüben reden, meine Alte hat mich verlassen und ich habe eine ziemlic Scheißzeit hinter mir. ” – “Verstehe!” Mehr sagte ich nicht und dass ich auch gerade eine Trennung hinter mir hatte, verschwieg ich auch vorerst einmal. “Dann vergiss die Scheißzeit und wir 2 machen uns schöne 2 Wochen zusammen, abgemacht?” – “Darauf trink ich einen!” – “Und ich erst! Prost Werner!” – “Prost Raimund!”Pünktlich legten wir in Valbiska und wieder stand ein Viano bereit um ins Hotel zu bringen.

Schnell kamen wir dort an und ich wollte dem Fahrer wieder ein Trinkgeld geben, als Werner mich mit seiner Riesenhand davon abhielt. “Ich glaube der nimmt auch gerne Euro!” – “Ganz bestimmt!” grinste ich. Wir gingen zusammen zur Rezeption, wo derzeit nicht viel los war. Sofort wurden wir begrüßt und als wir unsere Namen nannten, wurde die Dame am Empfang mit Ihren Kolleginnen ganz hektisch und wuselten herum und unterhielten sich untereinander auf Kroatisch.

“Was sagen die?” wollte Werner wissen. “Ehrlich gesagt, keine Ahnung, du überschätzt mich, ich versteh genau so wenig wie Du!” – “Äh, wir brauchen hier noch einen Moment, lassen Sie doch Ihre Koffer bei uns und gehen Sie schon mal ins Restaurant und essen schon einmal. Das Abendessen ist gerade losgegangen!” – “Aber wir würden uns gerne erst etwas frisch machen!” – “Ja, verständlich, aber Ihre Villen sind leider noch nicht gereinigt. ” – “Ok, dann gehen wir erst mal nen Happen essen, was Raimund?” – “Ich sterbe vor Hunger und nach dem ganzen Bier, brauche ich dringend nen Grundlage.

Ich bin nicht so trinkfest wie Du Werner!”Wir tapperten ins Restaurant und der Kellner bot uns einen Tisch auf der Terrasse an, da es im Restaurant noch sehr ruhig war. Wir bestellten uns eine Flasche Rotwein und Wasser zum Essen und plünderten das Buffet. Mann konnte der Werner was verdrücken, ja klar, bei dem massigen Körper brauchte er ne Menge Kohlenhydrate. Wir waren dann beim Nachtisch und hatten auch den Wein bereits ausgetrunken, als der Kellner uns ungefragt eine neue Flasche brachte.

“Wir haben aber nichts mehr bestellt. ?” – “Gruß von der Rezeption! Getränke gehen heute auf´s Haus, leider verzögert sich es sich noch etwas!” – Werner und ich wechselten die Blicke und waren eigentlich etwas genervt. Plötzlich stand Werner auf und bedankte sich beim Kellner: “Ach Raimund, Scheiß drauf, dann trinken wir halt noch einen. Ich bin so froh weg aus Deutschland zu sein. ” Er nahm dem Kellner die Flasche ab und füllte unsere Gläser selber auf.

“Ja, hast Recht! Hauptsache wir bekommen überhaupt noch ein Zimmer!” – “Oder wir pennen am Strand!” – “Nee, aus dem Alter bin ich raus!” – “WIe alt bist Du denn?” – “50 geworden und Du?” – “Ich werd nächste Woche 40!” – “Was? Dann sind wir ja noch hier!” – “Eben, den feiern wir dann zusammen, wenn Du magst!” – “Na klar, gerne sogar. ”Als wir auch die 2. Flasche leer getrunken hatten, war es im Restaurant schon wieder sehr ruhig geworden und wir verabschiedeten uns und gingen wieder zur Rezeption.

Sogleich kam die Dame von vorhin auf uns und machte ein Gesicht wie 7 Tage Regenwetter. “Meine Herren, ich habe leider eine schlechte Nachricht, ein Gast ist krank geworden und konnte nicht abreisen und somit haben wir keine zweite freie Gartenvilla. Auch im Hotel ist alles voll und wir haben überall herumtelefoniert, ob wir sie woanders übergangsweise unterbringen können, aber leider alles ohne Erfolg. Könnten Sie sich vorstellen für ein oder zwei Nächte zusammen in einer Villa zu wohnen? Wir geben Ihnen natürlich einen Nachlass.

Das Ganze ist mir sehr peinlich, aber ich kann leider nichts an den Umständen ändern!” Werner legte seinen Arm um meine Schulter und fragte mich: “Schnarchst Du, Raimund?” – “Und wie!” – “Haha, ich auch. Wollen wir um die Wette schnarchen?” – “Klar Werner!” und hielt ihm meine Hand hin, dass er einschlagen sollte. “Du bist schon ne Marke!” rief er und umarmte mich, was ich erwiderte. Der Dame an der Rezeption fielen gerade tonnenweise Steine vom Herzen.

“Verstehe ich das richtig, dass das für Sie OK ist? Kennen Sie sich denn?” – “Bis heute Mittag nicht, aber heute haben wir uns schon richtig gut kennengelernt!” erwiderte ich. “Ja, ich glaube, da haben sich zwei gefunden! Was meinst Du Raimund, wollen wir uns nicht gleich die Gartenvilla für den Rest des Urlaubs teilen, das könnte doch lustig werden? Dann können die Leute hier die andere Villa für den Kranken behalten und wir sparen noch Geld?” Wäre ich nicht so angetrunken gewesen, hätte ich sicherlich Bedenken gehabt, aber die Leichtigkeit dieses Kerls und der kroatische Wein hatte meine Spießigkeit irgendwie weggeblasen und ich willigte sofort ein.

“Klar, Werner, wir werden schon unseren Spaß miteinander haben. ”.

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