Fucking Höhlengleichnis

Hart klopfte der Puls in ihrem Hals. Die Lungenkapazität war ausgeschöpft, sie schaffte es kaum noch, genug Luft in die Flügel zu saugen, um den Körper ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Aggressionen explodierten wie Blitze in ihrem Gehirn, fast hatte sie das Gefühl, es müsste literweise Blut aus ihren Ohren spritzen. Schweiß rann in einer breiten Bahn die Wirbelsäule hinunter, das Gesicht war rot, nass, die Feuchtigkeit begann, an Schläfe und Nacken das Haar zu kleinen, ringeligen Schillerlocken zu formen.

Seine Schritte waren mechanisch, einem inneren Takt folgend, unabhängig von Steigung, oder Untergrund. Wie ein Uhrwerk. Sie hasste ihn dafür, dass seine Kondition ihn unabhängig machte. „Nun komm schon. Du hast nachher viel Zeit, Dich auszuruhen und abzukühlen“, sagte er mit freundlicher, ruhiger Stimme. Scheinbar hatte er noch genug Luft, fließend zu sprechen. „Ich. Kann. Nicht. Mehr“, keuchte sie atemlos und abgehackt. „Wir sind gleich oben, komm trink was, aber nicht zu viel, das wirst du sonst später bereuen.

“ Er führte die Trinkflasche an ihren durstigen Mund, als wolle er ein Kälbchen tränken. „So, schön. Siehst du, nun schaffst Du das letzte Stück noch. Schau hoch, siehst du die Felsen? Da oben ist die Höhle. Wenn du es schaffst, nicht auf den letzten Metern zu sterben, sind wir in fünfzehn Minuten oben. „“Die Höhle“, hallte es durch ihren Kopf. Zaudernd setzte sie sich wieder in Bewegung. Eine Höhle also. Wie eine Detektivin setzte sie ein Puzzleteil in das andere.

Sein Rucksack war dick bepackt. Und er hatte sie gebeten, ihren auch noch mitzunehmen, um das Essen zu tragen. Es konnte sich also nicht nur um eine Wanderung drehen. Wenn er viel dabei hatte, war es relativ wahrscheinlich, dass es sich um etwas Sexuelles handelte, was mehr Material erforderte. Ein Kondom würde ja auch in die Hosentasche passen. Seile? Wahrscheinlich. Aber selbst die größere Ausstattung von Hanf würde den Rucksack nicht halb zum Bersten bringen.

Die Gedanken hatten sie abgelenkt von ihrem Bergauftrauma. Nun mischte sich Angst in ihre Gedanken. Diese kribbelte in ihrem Bauch und schon spürte sie die Lust, heiß in ihr Unterstübchen schießen. Das Gehen machte ihr keine Mühe mehr. Hatte das Lustzentrum die Oberhand in ihrem Gehirn, standen ganz andere Hormone zu Verfügung. Ein bisschen fühlte sie sich wie auf den Weg zur Schlachtbank. Ob er ihr noch eine Henkersmahlzeit gewährte? Lange hatte sie sich nicht mehr gefürchtet.

Sie freute sich über die Angst, froh, überhaupt noch welche empfinden zu können, in dem Kontext. Wie wunderbar waren die Zeiten gewesen, als jedes neue Spielzeug, jede neue Spielart noch große Emotionen zauberten. Heute war alles ein bisschen Routine geworden. Sie erkannte jeden Gegenstand an seinem individuellen Geräusch, sie kannte seine Art, sie zu berühren, seine Fesseltechniken, seine Stimmungen, seine Vorlieben und die ungefähren Abläufe. Aber nur Frau Ungewissheit war in der Lage, Angst zu gebären.

Er kannte sie gut. Von ihren niedlichen kleinen Zehen, die sich nicht an das übliche Maß hielten, die zweiten länger als die Großen Zehen, der kleinste links ein bisschen verkümmert, kaum dass er noch Platz für einen Nagel aufwies. Die schmalen Fesseln, darüber die fast drallen Waden und die hinreißenden Schenkel, deren kleine Dellen an der Stelle, wo sie zum entzückenden Prachtarsch übergingen, die in seinen Augen keinen Makel darstellten, sondern wie lustige Schönheitsflecken wirkten.

Ihre Pobäckchen reizten ihn immer dazu, sie an Ort und Stelle über das Knie zu legen, um ihr die Hose stramm zu ziehen, so saftig und fleischig wie sie sich präsentierten. Der weiche Bauch, der so herrlich schaukelte, wenn er ihn kräftig tätschelte. Die wunderbaren Brüste, weiß wie Schnee, mit den kleinen, bei der leisesten Berührung sich aufstellenden Köpfchen. Ihr zarter Hals, an dessen Seiten man das Blut rauschen hören konnte, wenn man das Ohr drauf legte, wie bei einer Muschel das Meer.

Die wirren, lockigen, roten Haare, gegen die sie einen erbitterten Kampf mit dem Glätteisen focht, den sie bei der leisesten Luftfeuchtigkeit verlor. Er kannte sie. Vom Scheitel bis zu Sohle. Und musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, was es zu bedeuten hatte, dass sie nicht mehr leise wimmerte, schnaubte und schimpfte. Sie nicht mehr hinterher hing, sondern direkt hinter ihm lief. Dass sie erregt war. Feucht. Bereit. Fröhlich in sich hinein grinsend, mimte er in der Rückenansicht den großen Helden.

Vorne gönnte er sich ein jugendliches Spitzbubenlächeln, sie würde es ja nicht sehen können. Er freute sich. Auf das Spiel und an ihrem wunderbaren Wesen, das ihn so glücklich machte. Sie waren nun fast an der Höhle angekommen. Bevor er sich zu ihr umdrehte, kontrollierte er sein Gesicht und verscheuchte die kindlichen Züge der Vorfreude, aus seiner Miene. Ernst, fast neutral streckte er ihr die Hand entgegen, um ihr über die Felsen, zum Eingang der Höhle zu helfen.

„Braves Mädchen. Gib mir den Rucksack, lass uns etwas essen. Dann ziehst du dir die Jacke an, in der Höhle ist es kalt. Und stockdunkel. „Vor lauter Angst, Erregung, Vorfreude, Trotz, Aufregung, Widerwillen und Befürchtungen, bekam sie keinen Bissen runter. Gewohnt souverän und gefräßig, verputzte er ihre Ration gleich mit. Und ließ sich viel Zeit dabei. Er genoss ihr Zappeln. Er sah, wie sie sich wand und immer neue Emotionen aus ihren Augen sprangen.

Sie fühlte sich wie an Weihnachten, wenn der Opa und Vater noch eine dritte Portion auf ihre Teller luden und die Kinder, die auf die Bescherung warteten, schier in den Wahnsinn trieben mit ihrem nicht enden wollenden Geschmatze. Tausend Fragen bahnten sich den Weg zu ihrem Mund, die sie alle unterdrückte, wissend, dass sie eh nicht beantwortet werden würden. Zum Schluss sprach sie wenigstens die Dringlichste aus:“Gibt es in der Höhle Spinnen?““Das halte ich für relativ wahrscheinlich, Schatz“, sagte er mit gespieltem Bedauern.

Kleine unausgegorene „Umpf“ -Laute verließen ihren angespannten Mund, die ihm große Freude bereiteten. Umständlich verpackte er die Verpflegung wieder in ihrem Rucksack, drängte ihr noch ein paar Schluck Wasser auf, entfernte die Krümel von seiner Hose und setzte ihr den Rucksack auf den Rücken. Dann suchte er in seinem. Sie versuchte, in den Inhalt zu schielen und erkannte kurz so etwas wie eine schwarze Plane und Seile. Schon hatte er gefunden, wonach er suchte.

Er setzte sich eine Stirnlampe auf den Kopf, nahm ihre Hand und ordnete an, dass sie dicht bei ihm bleiben und auf die Felsen am Boden achten sollte. „Sage Tschüss zum Tageslicht, zur Realität, jetzt begeben wir uns auf eine Reise in dein Ich. „Die Höhle war kalt, feucht und wurde mit jedem Schritt dunkler. Die Stirnlampe flackerte über den Boden und gewährte nur in einem kleinen Radius, Umrisse zu erkennen. Die Decke war relativ nieder, ständig tropfte es von ihr.

Es war keine ausgebaute, touristisch erschlossene Höhle, sondern eine sehr ursprüngliche. Bezeichnenderweise hieß sie auch noch „finsteres Loch“. Der Boden war glitschig vom beständigen Tropfen und all dem Kalk. Mehrmals wäre sie beinahe gefallen, zumal sie nicht Herrin des Lichtes war. Tief und tiefer begaben sie sich unter den Felsen. Irgendwann öffnete sich der Raum etwas. Hier blieb er stehen. Und löschte das Licht. „Oh Gott, mach das verdammte Licht an, ich habe Angst!“ Ihre Stimme hatte einen hysterischen Unterton.

Er antwortete nicht. Sie begann, suchend um sich zu greifen, ins Nichts. Ins Dunkel. Nicht einmal Umrisse waren zu erkennen. „Buh. Hast Du Angst?““Arschloch!“Er machte wieder die Lampe an, nahm seinen Rucksack ab und half ihr mit ihrem. „So, jetzt ziehst Du Dich aus“- sprach es und stand schon hinter ihr und zog ihr gewohnt routiniert die Jacke, Oberteil und BH aus. Nicht ohne ihr kurz in die Brust zu kneifen, nur um ihr verdattertes Schweigen mit einem Quietschen zu unterbrechen.

Breitete die Plane auf dem Boden aus und forderte sie dazu auf, sich der Wanderschuhe, Socken, Jeans und des Slips zu entledigen. Immer, wenn er sich etwas anderem zuwandte, in dem Fall seinem Rucksack, stand sie in der Dunkelheit. Ihr fröstelte. Die zehn Grad Celsius hatten ihre Wanderhitze längst aufgebraucht. Plötzlich berührte er sie von hinten, sie zog erschrocken die Luft durch die Zähne. Schon begannen sie die Seile zu umschließen und flochten sich immer enger um ihren Leib, bis sie überall an ihrem Körper den bekannten Druck spürte, der ihr jede Freiheit raubte, sie aber auch beruhigte.

„Schnabel auf. “ Sie fraß brav den Stoff, der ihren ganzen Mund ausfüllte, widerlich an den Zähnen quietschte und jedes Widerwort im Keim erstickte. Er fixierte ihn umsichtig mit mindestens einem Meter Panzertape , natürlich durch die Frisur, was sie mir einem Augenrollen quittierte, was ihn wiederum zu einer Ohrfeige ermunterte. Er kickte ihr in die Kniekehlen und fasste fürsorglich ihren Hinterkopf und unter den Po und führte sie sicher Richtung Boden, bis sie behütet und sanft auf der Plane landete.

Wäre ihr Mund nicht verklebt gewesen, hätte das ein Lächeln auf ihn gezaubert. Diese Geste umschrieb sein ganzes Wesen. Bestimmend, nicht ohne Brutalität, aber so umsichtig und fürsorglich, dass sie sich bei ihm fühlte wie in Abrahams Schoß. Er streichelte den gefesselten, ausgelieferten, gequetschten Körper mit dem Licht seiner Lampe und genoss den Anblick seines liebsten Stücks. Spielte hie und da mit den Fingern über verschiedene freien Stellen ihrer kühlen Haut, genoss das vorquellende Fleisch, verzettelte sich in manchen Ritzen, reizte, zwickte, zog an Vorsprüngen und zauberte wohlige Schauder.

Riss sich letztlich los vom Zauber ihrer Hilflosigkeit und zog herrisch die Plane über ihren Körper, die Geste erinnerte fast an die Emotionslosigkeit eines Rechtsmediziners, der den Reißverschluss nach der Obduktion schließt. Nun begann er, mit dem Tape an den Füßen die Plane dicht um ihren Körper zu wickeln um sie in die Bewegungslosigkeit und Abgeschiedenheit zu bringen. Dabei murmelte er verschmitzt vor sich hin, wie zu sich selbst, dass er doch hoffentlich an etwas zum Aufschneiden gedacht hätte? Nachdem auch der Oberkörper angehoben und verklebt war, schaute er ihr noch ein letztes Mal ins Gesicht.

Gab zwei liebevolle Küsse auf die verängstigten Augen, steckte Ohrstöpsel in ihre Ohren und zog die Plane über ihr Gesicht. Da lag sie also, verpackt wie ein Stück Fleisch, fertig für den Transport. Mit was sollte sie jetzt die Zeit überbrücken, bis ihm das Spiel zu langweilig wurde und er begann, an ihr herum zu schrauben? Wie lange hielte er das aus? Drei Minuten? Fünf? Zehn. Höchstens. Das Fesseln hat ihn eh geil gemacht.

Beruhigt ließ sie alle Muskeln los, schloss die Augen und versuchte es mit ein bisschen Dösen. Ich höre mein Herz so laut, schoss es ihr durch den Kopf. Ob das normal ist? Was ist, wenn ich jetzt einen Herzinfarkt bekomme? Quatsch. Verdammt! der Boden ist so hart. Ich habe einen Stein im Rücken. Ok, ich versuche mal die Raupe, bis ich in einer besseren Position bin. Das geht nicht. Die Doppelfesseln lassen echt keine Bewegung mehr zu.

Ruhig jetzt. Hat doch keinen Sinn. Gleich ist es eh vorbei. Ich zähle meine Herzschläge. Bei Fünfhundertsechsundzwanzig hörte und spürte sie ihr Herz nicht mehr. Die erste Panikwelle brandet über sie hinweg. Der Atem war hysterisch, die Fesseln und das Klebeband schränkten sie ein und verstärkten das Gefühl, gleich sterben zu müssen. Sie schrie in den Knebel. Nichts. Er ist nicht mehr da. Er hat mich alleine gelassen. Ich werde heute hier sterben. An was werde ich letztlich verrecken? Verdursten? Kann man vor Angst sterben?Nein.

Er kann mich nicht alleine gelassen haben, beruhigte sie sich. Ich kenne ihn doch. Langsam flaute die Panikattacke ab, der Atem floss wieder ruhiger. Ein, aus, ein, aus…Plötzlich war sie gedanklich im Park. Die Sonne schien, alles war kunterbunt, wie in einem psychedelischen Wimmelbuch. Die Farben waberten durcheinander, die Konturen verschwammen. Die Welt war zu einem lustigen Comic geworden. „Strecke mal Deine Zunge raus, ich hab Dir noch einen lustigen Miraculix“. Lachend streckte sie ihr das Ding, welches sie am ehesten mit einer Zunge in Verbindung brachte, entgegen.

Schmeckte das klitzekleine Löschblatt, ein bisschen bitter, aber kaum merklich. Ihr wurde etwas gereicht zum Herunterspülen, es könnte sein, dass es sich um Fanta handelte, auf ihrer Zunge explodierte aber ein ganzer Dschungel tropischer Früchte und brachte sie wieder zum Lachen. Sie besprühte die Mädchen mit winzigen Tropfen der klebrigen Flüssigkeit. Mit ihrem Gegacker verscheuchten sie eine Herde hüpfender Kängurus, die im Grunde nur Karnickel waren, was keine ihrer aufgekratzten Freundinnen störte, alle waren auf demselben Trip.

Die Gesichter ihrer Freundinnen waren auf merkwürdige Art entstellt, und sie bewegten sich unentwegt, mal waren die Augen unten, mal oben. Sie ließ sich in das Gras fallen, auch der Himmel flirrte, schien über ihr zu explodieren und lastete auf ihren Schultern. „Bringt mich hier weg, das wird mir zu viel. „Schon spürte sie wieder den harten Fels, der mit seiner eisernen Kälte durch ihren Körper strahlte. Einatmen, ausatmen, ein, aus, ein aus …Sonntag Morgen saß sie vor ihrem PC.

Schaute in ihre sozialen Netzwerke, wer war wo, wer hatte ihre Bilder kommentiert, wer hatte ihr geschrieben, wie ging die Diskussion gestern aus? Voller Vorfreude fand sie wieder zirka zwanzig neue sabbernde Männer in ihrem Postfach. Fühlte sich gebauchpinselt von den Fremden, die sie eh nur ficken wollten. Schrieb da einen neckischen Satz, dort eine vernichtende Antwort. Ein guter Tag. Sie fühlte sich geliebt. Ein aus, ein aus …Sie öffnete heute den dritten Becher Tiramisu.

Wie sehr sie das Geräusch liebte. Die Textur des Deckels, der sich knisternd vom Rand löste. Die Spannung, ob sie eine gute Charge erwischt hatte, ein gutes Tiramisu musste für sie eine dicke, feuchte Schicht Kakaopulver aufweisen. Der Geruch nach verschwenderischer Creme, Schokolade, Amaretto öffnete die Pforte zu ihrer Oxytocin-Ausschüttung, alles wurde weich, voller Vorfreude ließ sie den Löffel in die dick sahnige Masse gleiten, zelebrierte den ersten Löffel dieses Bechers, mit dem beruhigendem Gefühl, noch weitere vier im Kühlschrank zu haben.

Versteckt hinter dem Gemüse, um ihr Gewissen zu beruhigen. Ein aus, ein, aus, ein aus … Ich will zu meiner Mutter! Ich will zurück in den Bauch, in Nährlösung schwimmen, ernährt, behütet, ohne etwas zu tun, passiv. Ein aus, ein, aus …Straff zog sie ihre Schulterblätter zusammen und ging ins Hohlkreuz. Feilte noch etwas an ihrem Gesichtsausdruck, überlegen und doch sinnlich öffnete sie ihren roten, feuchten Mund. Der Wind versuchte vergeblich, ihre sorgsam frisierten Haare zu zerzausen, und trug ihre künstlichen Wohlgerüche mit sich fort.

Das Kleid schmiegte sich eng an ihre weiblichen Konturen, das Geräusch klackernder Absätze auf Asphalt wirkte wie immer als Reflex auf alle Männer, die ihren Weg kreuzten. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie sie und zählte. Ihr Wohlgefühl steigerte sich proportional zu der steigenden Anzahl an Gaffern. Heute war ein guter Tag. Achtundsiebzig auf etwa zweihundert Metern. Ein aus, ein aus …Gebunden hing sie am Deckenhaken. Perfide und dem puren Sadismus entsprungene Fesselschikanen brachten sie dazu, ein kleines Tänzchen aufzuführen.

Der Strick um ihren Hals zwang sie dazu, auf den Zehenspitzen zu stehen, um sich nicht selbst zu erdrosseln. Sie hörte das geliebte, bösartige Lachen, als er ihr auch noch ein Bein hoch band. Verbissen kämpfte sie den aussichtslosen Kampf, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Die Augenbinde und die daraus folgende Blindheit machten es ihr noch schwerer. Hätte sie einen Punkt fixieren können mit den Augen, hätte sie die innere Mitte finden können, so trippelte sie im erbärmlichen Eiertanz.

Sie hatte nur den Bruchteil einer Sekunde, sich auf den Schlag mit dem Rohrstock einzustellen, während sie das flirrende, Luft zerschneidende Geräusch hörte. Der Hieb traf sie hart über beide Oberschenkel. Erst nur ein hoher, erträglicher, klarer Schmerz, der sich so aber nur ankündigte, in Folge schneidend steigerte, wie eine Wehe, unmöglich vorher einzuschätzen, wie hoch des Schmerzlevel sie dieses mal treiben würde. Der erste Schlag war immer der schlimmste. Dann öffneten sich die Türchen zu den guten Drogen, die sich rasend schnell durch alle Arterien verbreiten.

Die weiteren Schläge steigerten nur noch den Rausch, der Kick kam aber immer nur beim ersten. Stöhnend stand sie vor ihm und er begann sie mit der Hand zu stimulieren. Wellen der Lust trieben sie weit auf das Meer. Als sie den Orgasmus branden fühlte, ließ sie sich fallen und verstärkte ihn mit der Kohlenmonoxidvergiftung des beginnenden Suffocatio. „Nimm Dein Leben in die Hand, tu irgendetwas, aber verdammt, bewege Dich, werde aktiv!“, hörte sie die Lehrer sagen.

Oder war es ihre Mutter? Ihr Vater?Ich will nichts tun. Ich will, dass etwas mit mir getan wird. In der Verantwortungslosigkeit schwimmen, bewegungslos in der Höhle, Schatten der Ersatzrealität an der Höhlenwand beobachten und für die Realität halten. Gebunden. Passiv, Dinge einverleiben, die etwas mit mir machen. Plötzlich wurde es ihr bewusst:Alles in meinem Leben ist nur eine Projektion, eine Reaktion auf einen Schatten. Diese Einsicht traf sie wie ein Keulenschlag. Der Kampf war zu Ende.

Betäubt saß sie jetzt nur noch ihre Zeit ab, unfähig noch etwas zu denken, zu empfinden, taub. Als er sie endlich aus der Folie schnitt, fand er sie seltsam teilnahmslos vor. Ihre Gliedmaßen waren schlapp und wehrlos. Ihre Augen sahen tot aus. „Hey, hey, mein Mädchen, hey, alles gut, ich bin da, wach auf, alles wird gut“, versuchte er sie zu trösten. Nachdem er die Plane von ihr entfernt hatte, schnitt er all seine geliebten Seile einfach durch.

Er merkte, dass er zu weit gegangen war. Dass dies ein Notfall war. Dann zog er sich ihren leblosen Körper auf den Schoß, deckte ihn mit seiner und ihrer Jacke zu und wiegte sie wie einen Säugling. Ihr liefen die Tränen aus den Augenwinkeln in die Ohren, sammelten sich da zu kleinen Seen. Sie hörte ihn nur noch wie unter Wasser. Spürte den Fesselspuren an ihrem Körper nach, schloss die Augen, um sich einen klitzekleinen Moment noch mal gefesselt zu fühlen.

„Bring mich ans Tageslicht“, flüsterte sie tonlos. Sorgsam zog er sie an. Er berührte sie so vorsichtig, ja mitfühlend, wie man das bei einem kranken Neugeborenen tun würde und trug sie aus der Höhle.

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