Träumerei

Ein Lufthauch. Ein Gefühl in meiner linken Schulter. Ein Ziehen. Nicht real, nicht von Hand, aber spürbar.

Der Hypochonder in mir sucht direkt nach verstörenden Theorien. Gehirntumor, Muskelschwund, …

Der Kopf rast, will mich quälen wie so oft. Ach hätte ich doch nur mehr Obst gegessen. Jetzt geht’s zu Ende, ists zu spät.

Ich werde sterben. Was sonst sollte derart stark innerlich an mir ziehen, mich drangsalieren, mich dazu bewegen, mich umzudrehen.

Ein blaues Oberteil, kombiniert mit schwarzer Jeans. Eine große Person, wenn auch kleiner als ich. Lange, dunkle Haare.

Ein wachsamer Blick, keins der angebotenen Produkte wird als gut genug empfunden.

Wollte ich mich nicht auch noch in der Abteilung der wohligen Gerüche umsehen? NEIN! STOP! Falscher Eindruck. Mann, der sich hier umguckt, ist nicht solo. Geduld! Abwarten! Die Schönheit auf zwei Beinen bewegt sich. Schreitet.

Schwebt.

Geldbeutel? Bingo, das passt. Da muss ich auch dringend nach gucken. Ein angedeutetes Lächeln meinerseits, während ich mich neben sie schiebe. Das Vortäuschen von Konzentration auf den Auswahlprozess.

Leichtes Aufseuzen, als wenn mir hier nichts gefiele.

Sie nickt! Stimmt zu! Stumpfe Worte bringe ich zum Erklingen. Kommunikation ist manchmal Selbstzweck. Was immer ich gesagt habe, sie signalisiert Zustimmung. Ich verfalle in Allgemeinplätze.

Aufmerksamkeitsgeheische der übelsten Sorte.

Doch ich finde sie! Die zwei kleinen Pointen, die da in der Luft hängen. Ein Lächeln, ein angedeutetes Lachen. Grübchen, Lachfältchen um die Augen. Dass Frauen so etwas manchmal mit Schminke zu überdecken versuchen, … Seufzen

Sind ihre Augen grün oder blau? Gilt die kurze Berührung ihrer Haare mir oder macht sie das immer? Sie wählt dann doch ein Produkt ihres Vertrauens.

Deutet an, zur Kasse zu wollen. Panik bringt mich zum schlechtesten Witz, den ich je gemacht hab.

Meine Augen werden trüb. Ich bleib stehen, sie geht fort. Wie war das Wort noch mal? Sehnsucht? Sehnlust? Lustsucht? Von der Kasse blickt sie dann doch noch mal in meine Richtung.

Der Anblick wird abgespeichert. Mein Bewusstsein wird ihn nie vergessen.

Ihr Geruch hängt mir immer noch in der Nase. Auch das Rascheln der Frisur ist noch präsent, während ich den Schlüssel meiner Wohnungstür drehe. Jacken, Regenschirm, Rucksack ..

das alles fällt von mir ab. Last auf meinen Schultern bleibt.

Der gescheiterte Versuch der Annäherung lässt mich nicht mehr los. Ich ärgere mich über mich selbst. Tröste mich mit meinen Minderwertigkeitskomplexen.

Sie ward geschaffen für Träumerei. Nicht für mehr. Zumindest nicht für mich.

Das dickste Plümo vermag mich nicht zu wärmen. Der trockenste Wein stoppt nicht das Fortschreiten meiner Gedanken.

Wie ich in den Schlaf fand, bleibt mir selbst ein Rätsel. Vielleicht wieder dieses unsichtbare Ziehen?

Zu schemenhaft und undeutlich ist alles. Auch erinnern wie ich hier hin kam, vermag ich nicht. Die Räumlichkeiten sind mir unbekannt.

Mein Unterbewusstsein setzte sie aus Klischées und Erfahrungen zusammen.

Hier stehen die Dinge, die ich als femininen Touch verstehe und die in meiner eigenen Wohnung so schmerzlich fehlen. Selbst die Geräusche sind geprägt von einem Sie. Hier rauscht, raschelt und knarrt alles anders als gewohnt.

Nackte Füße schleichen über Teppichboden. Sie setzen sich gegen die Unschärfe des Hintergrunds ab.

Hier war mein Kopf genauer, präziser. Gab 100%! Wenn nicht mehr. So hätte sie ausgesehen, wenn ich jemals ihre nackte Haut hätte sehen dürfen.

Nur ein langes, blaues Hemd. Wieder so ein Klischée.

Aber eins das bei mir zieht. Sie kommt mir nahe. Der Geruch des Kaufhauses wird zu ihrem. Ist aber besser, angenehmer, mischt sich mit Vertrautem und Beliebtem.

Sie hält sich an mir fest, kommt mir nahe.

Leicht von unten. Schiebt sich an meinen Hals. Auch sie bemüht ihren Geruchssinn. Das Lächeln kehrt wieder.

Diese tollen Mundwinkel, die Grübchen, die Lachfältchen. Die Berührung zog besser als tausend Pointen.

Meinem Körper ist kalt! Das spüre ich ganz deutlich. Vor allem im Kontrast. Denn warm ist mir überall da, wo sie mich berührt.

Ihre Hand schiebt sich unter mein Hemd, während Lippen irgendetwas berühren. Ein Irgendetwas meines Körpers! Doch was genau?

Die Bilder verschwimmen, auch sie wird kurz undeutlich. Ein Zeitsprung. Sie liegt auf dem Rücken inmitten kuscheliger Daunen.

Alles schmiegt sich an sie an! Denn alles will sich an sie anschmiegen! Denn alles hat Geschmack!

Da wurden Knöpfe geöffnet. Ich war nicht dabei, doch habe ich sie geöffnet. Ich weiß es. Mein Traum kann mich da nicht täuschen.

Ihre Haare stehen im Kontrast zu ihrer Blässe. Meine Bewegungen bringen alles zum Schwanken, doch ich finde zu ihr.

Mein Blick sucht nach dem schönsten Zentimeter ihres Körpers. Irgendwo auf ihrer weichen Haut. Im Bauchbereich? Ich glaub schon.

Meine Lippen tasten, berühren, schmecken. Sind noch im Kontakt ungeduldig. Alles kribbelt.

Auch bei ihr verändert sich was. Der Gesichtsausdruck und die Beschaffenheit ihrer Haut.

Wärme. Aufsteigende Hitze!. Ein Kichern bei der Berührung meiner Hände. Aber bei Weitem kein kränkendes! Was an Kleidung geblieben war, verschwindet jetzt!

In einer flüssigen Bewegung streichel ich von den Waden bis zur Wange.

Ich erreiche Stellen gleichzeitig, die nicht gleichzeitig zu erreichen sind. Genau wie sie. Über feste Schenkel wandere ich zu ihrem Lustzentrum.

Ein Hauchen, ein Keuchen, ein Träumen im Geräusch! Ihre Stimme bleibt mir rätselhaft.

Ist mal tief wie Nico, mal quietschig sexy wie Gin. Auch ihre Hände suchen! Sie finden Hüfte, Po und mehr! Ein inneres Feuer hat sie längst enzündet.

Mein Mund steht offen, heißer Atem trifft ihr Ohr, wandert über ihre Wange, ihren Hals, ihre Brüste, ihren Bauchnabel. Heißer Atem trifft sie an der Stelle, an der sie das besonders gerne hat. Ihr Genuss wird zu meinem, als sie die Arme weit von sich streckt.

Ein Schmunzeln, ein Lächeln, ein Grinsen.

Sich steigernde Vergnüglichkeit. Sich steigernde Lust. Makellosere Haut hat wohl noch nie ein Mann erblickt. Meine Lippen spielen, meine Zunge auch.

Atmung wird schneller. Sehnsucht, dass sie sich überschlägt.

Zu stillen bin diesen Wunsch ich noch nicht bereit. Wieder wandere ich. Diesmal nach oben.

Das andere Paar Lippen verführt mich zu einem Kuss, der knistert, knallt, weiteren Hintergrund zerstört. Meine Finger entdecken eine Vorliebe für warmes Nass.

Vor Verzückung schließen sich ihre Augen. Ich kann den warmen Atem, der ihren Mund verlässt, regelrecht sehen. Ein kurzes Aufbäumen, als ich eine richtige Stelle treffe.

Ihr Rücken streckt sich durch, ihr Kopf will in alle Richtungen gleichzeitig.

Meiner eigenen Ungeduld gebe ich jetzt nach. Dass das auch ihre Ungeduld war, merke ich ganz deutlich. Ein Lächeln zeigt es, genau so wie das Verschränken ihrer Waden hinter mir. Ihre Beine, ihre Hände und ihr Blick verstärken meine Bewegungen noch.

Haarsträhnen verlassen ihren angestammten Platz.

Ohrläppchen werden auf ihre Festigkeit geprüft. Wangen werden befeuchtet. Lippen bleiben gierig. Der Versuch, mich noch an meinen eigenen Namen zu erinnern, scheitert.

Unsere, vor allem ihre, Bewegungen vereinen Anmut und Lüsternheit. Heben Gegensätze auf, sprengen die Ketten des Konventionellen. Nässe bildet sich auf unserer Haut. Der Schweiß dringt aus allen Poren, steigert unsere Lust.

Auch an anderen Orten wird es nass und nasser.

Ihr Stöhnen wird zu laut! Traum hin oder her. Morgen werden sich die Nachbarn beschweren. Dem Rausch der Sinne kann nun niemand mehr entfliehen! Wir nähern uns und nähern uns.

Noch ein Mal werden unsere Bewegungen heftiger, intensiver. Noch ein Mal küssen wir uns.

Noch ein Mal berühren sich unsere Zungen. Noch ein Mal spüren wir unsere Haut. Noch ein Mal bäumen sich unsere Körper auf.

Um mich herum löst sich alles auf. Weißes Flimmern dringt und drängt.

Ihr Körper flimmert, wie nasser Asphalt im Sommer. Die Berührung endet vor der optischen Täuschung. Ich falle vom fünf Meter Turm direkt auf mein Bett.

„Aaaaah“ Der Laut der Lust wird zum Laut des Schrecks. Das Gefühl des Fallens lässt nach.

Die Atmung immer noch schnell und heftig. Herzrasen! Ein feuchter Fleck auf der Spitze meiner Sonnenuhr. Hände schlagen vors Gesicht, verreiben den Sand der Träume.

Und mein Lächeln wird breiter und breiter. Auf meiner Haut verdampft Feuchtigkeit.

Zumindest ihr Lächeln hab ich noch tief im Bewusstsein. Rotes Wasser rinnt mir über die Lippen. Eine offene Stelle auf meiner Zunge. Der Geschmack von Blut.

Und dennoch: Grinsen.

Das gute Gefühl bleibt. Sehnsucht paart sich mit Hoffnung. Ein Gefühl, das manchmal trügen kann. Aber nicht jetzt! Nicht heute Nacht! Da gibt es einen Ort, den ich wieder aufsuchen werde.

Und suchen werd ich dort die Grübchen, die Lachfältchen, … das Fabelwesen.

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Ein Experiment, das ich normalerweise nicht gepostet hätte. Aber an einem neuen Teil „vergeudete Jugend“ muss noch gearbeitet werden und ich wollte euch die Wartezeit etwas verkürzen. Dennoch bin ich mir bewusst, dass dieser Text hier nicht jedem gefallen wird. Außerdem gibts noch eine Einzelstory die Tage(die ich vollmundig bereits für die letzte Woche angekündigt hatte, sorry).

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